40 Millionen locken

40 Millionen locken

Lüdinghauser Tor
Lüdinghauser Tor – Wahrzeichen der Stadt Dülmen

40 Millionen locken

Das ist einfach verlockend! 40 Millionen will ein Investor in Dülmen in direkter Nähe zum Lüdinghausener Tor verbauen. Sollten wir da nicht alle jubeln, den Investor auf Händen tragen, ihn gar mit der goldenen Nadel der Stadt Dülmen ehren?

Dülmen hat ein Defizit von mehr als 10 Millionen Euro und da kommt einer und sagt, ich baue euch ein Einkaufszentrum für das vierfache. Bedingungen stelle ich kaum welche. Und damit können Träume wahr werden. Die Zukunft in Dülmen ist plötzlich rosarot. Saturn, H&M und C&A sind nun in greifbare Hände. Die Anbindung an den Combi macht den Gebäudekomplex noch interessanter. Also, alles in Butter!

Doch schon droht Unheil: Die Kaufleute der Innenstadt maulen. Für die Bürgerinnen und Bürger erscheinen sie als Bremser, denken wohl nur an ihren eigenen Profit. Was spricht denn gegen die Investition? Es kommen doch mehr Menschen in die Stadt, die konsumieren und gehen anschließende in die Innenstadt. Tja, wenn dem so wäre: Doch wie sieht denn das Kaufverhalten der Menschen aus. Warum sollten sie in die Innenstadt gehen, wenn sie Ecke Lüdinghauser Tor alles haben, genügend Parkplätze, die Taschen voll mit Klamotten. Was vielleicht fehlt, wäre ein Eis oder ein Espresso, vielleicht etwas zu essen. Aber warum sollte man dafür in die Innenstadt gehen?

Kann das ein Grund sein, dem verlockenden Angebot zu widerstehen?

Versuchen wir es mal „ergebnisoffen“, wie es die Bürgermeisterin sagte, was zwar ein kluger Schachzug ist, ebenso eine Mogelpackung sein kann.

Die meisten Bürgerinnen und Bürger kennen nicht die diversen Hintergrundgespräche im Rahmen der Neugestaltung der Innenstadt. Der Informationsstand ist also sehr unterschiedlich, ebenso wie die damit verbundenen Interessen.

Das Lüdinghauser Tor liegt nicht direkt an der Innenstadt, zwei viel befahrene Straßen trennen diese zur Innenstadt. Bei den Planungen sollte berücksichtigt werden, wie eine enge Anbindung zwischen dem neuen Komplex und der Innenstadt gewährleistet werden kann. Einigkeit herrscht wohl darin, dass der Münsterstraße hier eine Schlüsselrolle zukommt. Würde die Münsterstraße verkehrsberuhigt, hätte dies sicher auch Vorteile für KiK. Der Grundeigentümer (KiK ist Mieter) signalisierte wohl, dass er entsprechend in das Gebäude investieren würde, wenn die Überplanung Ecke Lüdinghauser Tor realisiert wird. Bliebe der noch der Bereich Rathaus, FBS und Münsterstraße neu zu planen. Das ist sicher der Teil, der am schwersten zu realisieren ist. Denn da müsste sich die Stadt mit der Pfarrgemeinde St. Victor einig werden.

Den Investor kann das im Grund egal sein, ob eine solche Anbindung gelingt, der Innenstadt keineswegs. Kommt die nämlich nicht, ist die Innenstadt abgeschnitten. Warum sollten die Menschen den Weg von der „Stadtgallery“ in die Innenstadt machen?

Wir haben es hier also mit verschiedenen Interessen zu tun:

  • Die Dülmener Bürgerinnen und Bürger wollen H&M. Wir wissen aber nicht, ob H&M überhaupt kommen wird.
  • Die Stadt Dülmen braucht angesichts leerer Kassen einen Investor und möchte möglichst wenig Ärger. Auch dürfte die Stadt wenig Interesse geben, den jetzigen Standort am Marktplatz aufzugeben.
  • Die Politik braucht Erfolge in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise, da kommt ein 40 Millionen Projekt zur rechten Zeit.
  • Die Kaufleute der Innenstadt wollen eine starke Innenstadt. Konkurrenz belebt zwar das Geschäft, ihre Sorge ist, dass sie die Verlierer sein könnten.
  • Der Investor will Geld verdienen, die Entwicklung der Innenstadt muss nicht sein Ziel sein.

Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie macht nur eines deutlich! Es gibt sehr viele Individualinteressen, die für sich genommen alle ihre Berechtigung haben: Doch was braucht Dülmen wirklich? Diese Frage rückt zunehmend in den Hintergrund. Die Diskussion versteift sich auf die Frage: 40 Millionen ja oder Nein! Die Frage, ob die 40 Millionen auch anderer Stelle investiert werden könnten, scheint nicht (mehr) gestellt zu werden.

Hier müssen die Stadt Dülmen und die Politik aufpassen. Ihre Aufgabe ist es, längerfristig zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger zu denken und zu planen.

Wo sind die Szenarien, wie Dülmen in fünf oder zehn Jahren dasteht, wenn die Erwartungen des Investors nicht erfüllt werden. Was ist, wenn das Konzept nicht aufgeht? Was ist wenn, es zwei „Innenstädte“ in Dülmen gibt?

H&M, C&A oder Saturn werden Dülmen nicht retten! Das müssen wir schon selber tun.

„Ergebnisoffen diskutieren“, gelingt nur, wenn wirklich alle Fakten, alle Vor- und Nachteile transparent gemacht werden. Das scheint mir aber noch nicht der Fall zu sein.

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